Zahnfleisch: Umfassende Informationen, Aufgabe und Erkrankungen
Was ist Zahnfleisch?
Das Zahnfleisch ist ein Bestandteil des Zahnhalteapparates. Es sorgt also dafür, dass unsere Zähne sicher im Kiefer verankert sind. Darüber hinaus besteht seine Aufgabe darin, die Zahnwurzel vor Krankheitserregern zu schützen und das Vordringen von Fremdkörpern an die Zähne zu verhindern.
Medizinische Definition
Der medizinische Fachterminus für das Zahnfleisch lautet Gingiva, früher war auch die Bezeichnung Biller geläufig. Die Gingiva ist ein Teil der Mundschleimhaut, genauer gesagt, der masikatorischen Schleimhaut (Mukosa), also des Teils der Schleimhaut, der am Kauvorgang beteiligt ist.
Die Mukosa bedeckt den sogenannten Alveolarkamm, in dem sich als Vertiefungen des Kieferknochens die Zahnfächer (Alveolen) befinden, worin die Zähne mit ihren Wurzeln stecken. Die Zahnhälse werden von der Mukosa rundum (zervikal) eingefasst. Auf diese Weise umfasst das Zahnfleisch als epitheliale Manschette (Saumepithel) die Zahnhälse und schottet somit die Eintrittsstelle des Zahnes in den Kieferknochen vor der Mundhöhle ab.
Das Zahnfleisch geht in Richtung der Zahnwurzelspitzen (apikal) schließlich in die lose Alveolar-Schleimhaut über, zwischen diesen Zonen verläuft die sogenannte mukogingivale Grenze (Linea girlandiformis). Weiterhin sind der Gaumen sowie der Oberkiefer-Alveolarfortsatz mit mastikatorischer Schleimhaut ausgekleidet.
Freie Gingiva
Bei der Gingiva wird zwischen freier und befestigter Gingiva unterschieden. Die freie Gingiva verläuft vom oberen Gingival-Rand, an dem der Zahnschmelz sichtbar wird, in Richtung der Zahnwurzeln bis etwa zur Grenze zwischen Zahnschmelz und Zahnzement, der sogenannten freien gingivalen Furche und schließt auch das Zahnfleisch in den Zahnzwischenräumen (Zahnfleischpapillen) ein. Da dieser Teil des Zahnfleisches eben nicht befestigt ist, ist er für Schädigungen und Erkrankungen auch am anfälligsten.
Befestigte Gingiva
Von der freien gingivalen Furche auf Höhe der Schmelz-Zement-Grenze bis zur mukogingivalen Grenze reicht die befestigte Gingiva. Durch Bindegewebsfasern ist sie fest mit dem darunterliegenden Alveolarknochen und dem Zement verbunden.
Gewebearten (Histologie)
Die freie Gingiva wird unterteilt in …
- das orale Epithel, das in Richtung Mundhöhle verlauft,
- das orale Sulkusepithel, das zum Zahn hin ausgerichtet ist, jedoch noch keinen Kontakt zum Zahn unterhält,
- das Saumepithel, das die Kontaktstelle von Gingiva und Zahn markiert.
Die befestigte Gingiva wird unterteilt in …
- das Stratum basale (germinativum),
- das Stratum spinosum,
- das Stratum granulosum,
- das Stratum corneum
Gewebeaufbau
Das Zahnfleisch ist aus histologischer (gewebekundlicher) Sicht aus einem mehrschichtigen Plattenepithel aufgebaut, welches allerdings nur wenige Hornhautschichten aufweist. Eine Unterhaut (Subkutis) fehlt, daher ist das Zahnfleisch nicht verschiebbar. Außerdem kann es nicht nachgebildet werden.
Zahnfleischfurche
Der Begriff Zahnfleischfurche (Sulcus gingivae) bezeichnet die Grenze zwischen Zahn und Zahnfleisch, Bei einem gesunden Gebiss beträgt ihre Sondierungstiefe etwa zwei Millimeter. Innerhalb der Furche befindet sich das innere Saumepithel, das sich noch einmal in zwei unterschiedliche Gewebearten unterteilen lässt, nämlich in das frei am Zahn gleitende Sulkusepithel und das mit dem Wurzelelement verbundene Haftepithel.
Zahnfleischtasche
Bei den Zahnfleischtaschen handelt es sich um einen Spalt zwischen dem Zahn und dem ihn umgebenden Zahnfleisch bzw. Kieferknochen. Die Zahnfleischtasche tritt als Symptom und Folge einer entzündlichen Zahnbetterkrankung (zum Beispiel einer Parodontitis) auf, welche zumeist auf eine mangelhafte Mundhygiene zurückzuführen ist. Wenn man Bakterien und Beläge nicht regelmäßig entfernt, setzen sie sich fest, auch unterhalb des Zahnfleisches an der Zementoberfläche als sogenannte Konkremente. Die schädigenden Bakterien produzieren Giftstoffe, die Entzündungen hervorrufen, in deren Folge sich das Zahnfleisch vom Zahn löst: Eine Zahnfleischtasche (auch Zahntasche oder Knochentasche genannt) entsteht.
Taschentiefe
Der Abstand zwischen dem oberen Zahnfleischrand und dem Taschenboden bestimmt die Taschentiefe, die das wichtigste Indiz für den Fortschritt einer Zahnbetterkrankung darstellt.
Folgen einer Taschenbildung
In einer tiefen Zahnfleischtasche kann sich bei fortgeschrittener Erkrankung ein Taschenabszess bilden. Darüber hinaus kann Knochensubstanz verloren gehen, und der Zahnfleischansatz kann sich in Richtung der Wurzelspitze verschieben, Als letzte Konsequenz einer ausgeprägten Taschenbildung droht der Zahnausfall.
Zahnfleischerkrankungen
Infolge eines zumeist durch mangelhafte Mundhygiene ausgelösten Befalls des Zahnfleisches mit schädigenden Bakterien und Mikroorganismen kann eine Zahnfleischentzündung ausgelöst werden, die sogenannte Gingivitis. Wird der Gingivitis nicht mit zahnhygienischen und zahnmedizinischen Maßnahmen konsequent entgegengetreten droht ihre Verschärfung zu einer ausgewachsenen Parodontose bzw. Parodontitis.
Vorsicht, Zahnfleischbluten!
Zahnfleischbluten kann zwar auch mechanische (falsche Putztechniken), hormonelle oder chemische Ursachen haben, zumeist jedoch ist es als erstes Anzeichen für eine bakteriell ausgelöste entzündliche Erkrankung des Zahnfleisches (zum Beispiel für eine Gingivitis) zu werten.
Gingivitis
Eine Zahnfleischentzündung oder Gingivitis kann verschiedene Ursachen haben. Sie kann einerseits (unabhängig von Plaque bzw. Zahnbelägen) durch Bakterien-, Viren- oder Pilzbefall im Zuge einer Autoimmunerkrankung auftreten und andererseits weitaus häufiger durch Bakterienbefall infolge nicht oder nur unzureischend entfernten Zahnbelags (Plaque) oder Zahnsteins.
Plaquebedingte Gingivitis
Zahnbeläge und bereits mineralisierter, festsitzender Plaque (Zahnstein) enthalten eine Vielzahl von Bakterien, deren Ausscheidungen Entzündungen am Zahnfleisch auslösen und die Bildung von Zahnfleischtaschen begünstigen.
Initiale Gingivitis
Eine initiale Gingivitis geht mit einer Rötung des weicher werdenden Zahnfleisches, Schwellungen und Zahnfleischbluten einher. Die Ursache dafür sind Gewebeschäden, die durch Bakterienausscheidungen wie Enzyme und Toxine hervorgerufen werden. Einer initialen Gingivitis kann durch mundhygienische Maßnahmen erfolgreich entgegengetreten werden, sie ist noch vollkommen reversibel.
Chronische Gingivitis
Bei einer chronischen Gingivitis, die das fortgeschrittene Stadium einer nicht bekämpften initialen Gingivitis darstellt, ist nicht nur oberhalb, sondern auch unterhalb des Zahnfleischrandes Plaque vorzufinden (subgingivaler Plaque). Außerdem ist eine Vertiefung der Zahnfleischtaschen feststellbar.
Zahnfleischerkrankung: Diagnose Gingivitis
Parodontose/ Parodontitis
Der Übergang von der chronischen Gingivitis zu einer oberflächlichen Parodontitis ist fließend: Zunehmend breitet sich die Entzündung vom Zahnfleischsaum in die Tiefe aus, immer mehr Speisereste und Bakterien sammeln sich an, der subgingivale Plaque verhärtet sich zu subgingivalem Zahnstein, der Blutfarbstoffe einlagert und spitz und scharfkantig wird. Neben speziellen keimabtötenden Mundspüllösungen wird jetzt oft auch eine Parodontalbehandlung notwendig. Eine tiefe Parodontitis, die letzte und akuteste Phase einer Zahnfleischentzündung, geht mit einem Angriff auf die Knochensubstanz des Kiefers einher, die mehr und mehr zersetzt wird. Die Zähne beginnen schließlich zu wackeln und fallen schlimmstenfalls aus. Zahnärztliche Maßnahmen umfassen nun auch die Gabe von Antibiotika, die Desinfektion der Zahnfleischtaschen sowie die Entfernung infizierten Wurzelzementes.
Zahnfleischerkrankung: Diagnose Parodontitis
Zahnfleisch: Pflege und Prophylaxe
Um Schädigungen des Zahnfleisches vorzubeugen, sollte man eine tägliche sorgfältige Mundhygiene betreiben, die neben dem gründlichen Zähneputzen auch den Einsatz von Zahnseide, Zwischenraumbürsten und antibakteriellen Mundspüllösungen vorsieht. Auch die richtige Putztechnik mit einer weichen Zahnbürste ist dabei wichtig, damit mechanische Verletzungen vermieden werden. Darüber hinaus sind regelmäßige zahnärztliche Kontrolluntersuchungen und professionelle Zahnreinigungen (Plaque- und Zahnsteinentfernung) sinnvoll. Die Kosten dafür tragen die gesetzlichen Kassen in manchen Fällen auf freiwilliger Basis. Mit dem Abschluss einer Zahnzusatzversicherung werden die Kosten im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung meist zu 100 Prozent mit einem Budget von bis zu 300 Euro übernommen.